Auf Einladung des Oderbruch Museums Altranft trafen sich Engagierte von beiderseits der Oder zu einem Kaffeegespräch in Altranft
Das Oderbruch ist eine Kleinlandschaft an der deutsch-polnischen Grenze. Eine Landschaft, die an der deutsch-polnischen Grenze nicht endet. Denn zum Landschaftsraum Oderbruch gehört auch noch ein auf polnischer Seite meist wenige hundert Meter schmaler Streifen, der sich östlichen der Oder von Hohensaaten im Norden bis Kostrzyn im Süden erstreckt. Außerdem schließt sich südlich von Kostrzyn ein Polder zwischen Gorzyca und Slubice an. Bei Küstrin mündet schließlich die Warthe in die Oder, hier beginnt das Warthebruch, das durch seine Geschichte und die landschaftsräumlichen Gegebenheiten eine Art Schwesterlandschaft zum Oderbruch darstellt.
Im September 2020 lernten Studenten der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde und der Fachhochschule Potsdam den polnischen Teil des Oderbruchs und das Warthebruch im Rahmen einer Sommerschule genauer kennen. Sie kamen mit einer Vielzahl von Menschen ins Gespräch, die sich als Privatperson oder in Kultur- und Naturvereinen engagieren. Wie sie dort leben und wofür sie sich engagieren haben die Studenten in der Projektzeitung Gazeta Warta veröffentlicht.
Die 36 ausgewiesenen Kulturerbe-Orte im Oderbruch zeigen uns bereits eindrucksvoll: Wenn sich Menschen an kulturell wertvolle Orte binden und engagieren, werden Denkmäler, Heimatstuben, Schöpfwerke oder Kirchen lebendige Orte. Wer einen Kulturerbe-Ort betreut, hat sich sehr genau mit einem Teil der Landschaft beschäftigt und gibt sein Wissen auch gerne weiter. Gäste haben heute eine Vielzahl von Orten zur Auswahl, um das Oderbruch genauer kennenzulernen. Eine Broschüre und eine Ausstellung laden dazu ein.
Die bisherigen Kulturerbe-Orte wurden ausschließlich auf deutscher Seite ausgewiesen. Eine Einbeziehung polnischer Orte wäre unbedingt nötig. Das Oder- und Warthebruch sind Landschafträume, deren kulturell bedeutsame Orte in unmittelbarer Verbindung stehen. Potenzielle Kulturerbe-Orte auf der polnischen Seite des Oderbruchs sind zahlreich vorhanden. Das Warthebruch wartet mit einer Fülle interessanter Orte auf.
Mit dem Bedürfnis einer zukünftigen Zusammenarbeit hat am 7. August das Netzwerk der Kulturerbe-Orte die polnischen Gesprächspartner aus der Sommerschule zum 6. Kaffeegespräch für Heimatkultur eingeladen. Ein solches Treffen findet jährlich unter den Netzwerkpartnern statt und dient dem gegenseitigen Austausch. Den polnischen Gästen wurde am Vormittag das Oderbruch Museum Altranft vorgestellt. Am Nachmittag fand ein gemeinsames D-PL-Kaffeegespräch statt. Der Tag diente nicht nur dem gegenseitigen Kennenlernen, sondern sollte herausarbeiten, welches beidseitige Interesse in einer möglichen Zusammenarbeit besteht. Welche Ideen gibt es bereits, wie können wir für eine zukünftige und regelmäßige Zusammenarbeit neue Ansätze entwickeln? Wie können wir uns gegenseitig inspirieren, um aus eigenem Antrieb stärker zusammenarbeiten? Wie können wir vorhandene Sprachbarrieren abbauen, um uns regelmäßig auszutauschen?
Unter den polnischen und deutschen Teilnehmern wurde schnell deutlich, dass das Interesse an einer gemeinschaftlichen Zusammenarbeit groß ist. Ein vorhandenes Netzwerk von Kulturerbe-Orten schien allen Teilnehmern eine gute Grundlage zu sein.
Das Oderbruchmuseum hat großes Interesse daran, zusammen mit einer polnischen Partnereinrichtung eine Koordinationsstelle zu schaffen, die das Netzwerk der Kulturerbe-Orte auf der polnischen Seite erweitert. Ryszard Matecki entwickelt anlässlich der neuen Fahrradbrücke zwischen Bienenwerder und Siekierki gerade ein zweisprachigen Fahrradführer. Verschiedene Orte beidseits der Oder werden darin beschrieben. Auch die bereits vorhandenen Kulturangebote sollten gemeinsam beworben werden. Man wisse doch häufig viel zu wenig von den Aktivitäten der anderen. Das Oderbruchmuseum wird daher seinen Newsletter zur Verfügung stellen, um Kulturveranstaltungen aus dem entstehenden Netzwerk aufzunehmen und zu bewerben.
Das Kaffeegespräch war das erste deutsch-polnische Treffen, welches das Oderbruchmuseum im Rahmen seiner Kulturerbe-Initiative veranstaltete. Das Oder- und Warthebruch bildet einen deutsch-polnischen Verflechtungsraum, der für alle Teilnehmer gemeinsame Kultur- und Lebensgrundlagen bietet. Das gemeinsame Natur- und Kulturerbe dieser Region sollte zum gemeinsamen Selbstverständnis der Nachbarn und eine Grundlage für ihre kulturellen Aktivitäten schaffen.
Tobias Hartmann und Kenneth Anders