Ein Museum für Regionalentwicklung.

K.Anders

Interview mit Dr. Kenneth Anders zur Regionalentwicklung und zum Thema Oderbruch Museum Altranft Veröffentlichung auf dem Demografieportal

  1. Was ist das Ziel Ihres Programmplans im Oderbruch Museum Altranft?

Das Museum dient der regionalen Selbstbeschreibung. Gemeinsam mit den hier lebenden Menschen versuchen wir, ein reiches und attraktives Bild des Oderbruchs zu entwerfen. Sowohl die Eigenart als auch die gegenwärtigen Widersprüche der Landschaft sollen in diesem Bild sichtbar werden. Dafür arbeiten wir mit Jahresthemen wie Wasser, Handwerk, Landwirtschaft oder Baukultur, zu denen Ausstellungen, Theaterstücke und andere Kulturformate entstehen. Mit den Kommunen haben wir ein Netzwerk „Kulturerbe Oderbruch“ gegründet, das inzwischen über 35 Kulturerbe-Orte in der Region umfasst. Und schließlich verstehen wir uns als Zentrum für Landschaftliche Bildung, das an den Schulen und im Museum kulturelle Bildung mit einem klaren Raumbezug anregt.

  • Was können andere Akteure von Ihnen lernen?

Unser Kerngedanke ist, dass die Menschen die besten Experten ihrer Region sind und man ihr Wissen und ihr Urteilsvermögen braucht, wenn man etwas in der Regionalentwicklung erreichen möchte. Am Anfang eines jeden Jahresthemas stehen deshalb ausführliche Befragungen durch ein Rechercheteam. Wir verstehen unsere Arbeit als kollektive Wissensproduktion durch Landschaftskommunikation. Wenn unterschiedliche Sichtweisen aufgegriffen werden, hat das zudem einen integrierenden Effekt. Mein Eindruck ist, dass die Klugheit und Erfahrung der Leute ein riesiges Potenzial für die Gesellschaft sind, das bisher zu wenig genutzt wird.

  • Was verstehen Sie unter dem Begriff Regionalentwicklung und wie bringen Sie sich in dem Thema ein?

Regionalentwicklung ist das Gegenteil von Suburbanisierung: Die Menschen teilen einen Raum miteinander, den sie als gemeinsamen Handlungsraum verstehen, nicht nur als Funktionsraum eines Ballungszentrums. Erst dann kann alles, was zur Hand ist – Boden und Wasser, Geschichte und Baukultur, aber eben auch die Menschen und ihre Lebensformen – zu einer Ressource werden. Dafür braucht es kollektive Aufmerksamkeit, den Menschen muss gemeinsam etwas wichtig sein. Die heutige Mobilität, die modernen Medien und die Arbeitswelten führen jedoch eher vom konkreten Ort weg. Das ist unseres Erachtens ein Problem für die ländlichen Räume, während sich die großen Städte gern und oft selbst beschreiben. Deshalb investieren wir in diese Form der Kommunikation.

  • Gab es auch Rückschläge?

Vor allem am Beginn dieses Prozesses gab es Widerstände, die aus der gewohnten Vorstellung eines Museums herrührten. Ein Museum für die Gegenwart und Zukunft einer Landschaft – das ist etwas Ungewöhnliches. Je einladender das Ergebnis dann wurde – und je mehr Menschen auch von außerhalb sich dafür interessieren – umso besser wird der Ansatz verstanden. Man muss sich aber im Klaren sein, dass ein so ambitioniertes Kulturprojekt nur mit einem sehr langen Atem erfolgreich sein kann und deshalb viel Unterstützung braucht.

  • Was sind Ihre Vorhaben für die Zukunft?

Wir bewerben uns beim Kulturministerium des Landes Brandenburg als kultureller Ankerpunkt. Die Programmatik dieser Förderrichtlinie entspricht unserem Ansatz sehr gut. Außerdem planen wir neue Jahresthemen wie „Natur“, „Jugend“ oder „Kirche“. Und schließlich hoffen wir, dass im kommenden Jahr unser Antrag auf das Europäische Kulturerbe-Siegel, der derzeit in Brüssel einer Jury vorliegt, erfolgreich ist. Das wäre ein großer Erfolg und eine Anerkennung für unsere Kommunen, die sich für dieses Ziel zu einer Kommunalen Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen haben.