Knocking on Heaven´s Door

Foto Julien Grey

Ländliche Kirchen im Oderbruch und den Appallachen

Fotografien von Julien Grey

Im oberen Foyer des Schlosses Altranft ist seit einigen Tagen eine kleine, aber besondere Ausstellung im Rahmen des Jahresthemas KIRCHE zu sehen: Vier Kirchen aus dem Oderbruch stehen vier Kirchen aus den Appallachen gegenüber, fotografiert in 3D. Die Bilder laden ein, über Kirchbauten im Ländlichen nachzudenken. Für die meisten von uns sind sie schon immer Teil des Raum, in dem wir leben. Aber was ist ihre Wirkung im Raum eigentlich genau und was, wenn sie fort wären?
Die Ausstellung wird bis zum Saisonende im Dezember zu sehen sein.

Zu den Bildern schreibt die Lyrikerin Anke vom Sund im Begleittext:
„Julien Grey fotografiert Kirchen. Um genau zu sein Landkirchen. Im Oderbruch. In den Appalachen. Es sind schwarz/weiß-Bilder in 3D, die auch ohne die 3D-Brille eine ungemein eigenwillige Ästhetik entfalten.
Die Kirchen in den Appalachen, in North Carolina, wirken schmucklos. Oft so funktional, dass sie auch Wohnhäuser sein könnten. Immer mit einem Türmchen obendrauf. Flache Bauten, die sich in eine Art Niemandsland ducken. Sie scheinen immer an einer Straße zu liegen. An einem Transitstreifen, am Rand des Hin und Her. Unter immensen Überlandleitungen ebenso. Unheimlich große, unheimlich leere Parkplätze aus rissigem Asphalt dehnen sich vor ihnen auf. Gelegentlich eine Wiese. Es ist diese Fläche, die spätestens mit der 3D-Brille zu einem Raum wird. Der Laternenpfahl zum Anfassen nah. Die Blätter immer noch beim Fallen. Die Balustrade am Eingang der Kirche bekommt ein Davor, Dahinter und Dazwischen – und genau das ist die besondere Magie der Fotos. Julien Grey fängt vor allem den Raum um die Kirchen herum ein. Dieses in sich ruhende Drumherum macht die Bilder zu einem besonderen Augen-Blick.
Die ländlichen Kirchen im Oderbruch entsprechen schon eher den westeuropäischen Sehgewohnheiten. Ein Schiff. Ein Turm. Feldstein und Fachwerk. Wiese und Baum. Man ahnt die Ortsmitte. UND auch hier kreist man um das Eigentliche im Bild. Eine Kirche. Umgeben von Fläche. Von Raum, der, lässt man sich darauf ein, die Frage nach dem Warum ausgerechnet Kirchen, auslöscht. Es geht nicht mehr um eine Kirche hier oder dort. Es geht viel mehr um diesen Raum drumherum. Un-Orte gelegentlich. Es ist das Abseitige, das Grey in seinen Bildern einfängt. Unwirklich wirkende Räume, die letztendlich von den Kirchen zusammengehalten werden.“

Julien Grey, der von 1999 bis 2001 Fotodesign am Lette-Verein Berlin studierte und sich der experimentellen Fotografie und dem Filmemachen widmet, schreibt über seine Bilder:
Die Geschichte des Oderbruchs und der Appalachen haben auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam. Wenn man genauer hinschaut aber schon.
Es ist Geschichte – es sind Geschichten von Besiedlung, Geschichten von Einwanderung, Geschichten vom Ländlichen, Geschichten vom Bezwingen und vom Scheitern an Widrigkeiten, Geschichten von Religion, von Kirche und von garantierter (christlicher) Religionsfreiheit . . .
Manifester Ausdruck dieser Geschichte sind – hier wie da – die Kirchen. Während die Kirchen im Oderbruch gegenwärtig eher wenige sind, ist die Dichte in den Appalachen recht groß.
Diese superkleine Auswahl soll die Gemeinsamkeiten und Unterschiede ein wenig aufzeigen und nahebringen.

Zum Programmtag am 07. Dezember 2024 wird es eine kleine Finisage geben, zu der Julien Grey zu Gast sein wird. Dann ist Zeit, das Gespräch zu seiner Ausstellung zu suchen.